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Geschrieben von Daniel Strüber, Screenshot-Archiv von Marcus Bäumer
Auch in Mexiko muss jeder irgendwann sterben. In Grim Fandango holen die Verkäufer des DOD (Department of Death) den Verstorbenen dann ab und verkaufen ihm ein Reisepaket, das die 4jährige Reise der Seele erleichtern und verkürzen soll. Was sich der Kunde leisten kann, hängt davon ab, welcher menschlichen Qualitäten er zu Lebzeiten hatte. Neben Kreuzfahrten und schicken Wagen gibt es auch einen Schnellzug, der die Reise für sehr fromme Menschen auf 4 Minuten reduziert, der Nummer 9. Die Verkäufer des DOD hingegen waren auf Erden ganz besonders schlimm und müssen ihre Schuld abarbeiten. Nun, unser Held, Manny Calavera arbeitet auch für das DOD, nur hat er überhaupt keine Vorstellung, was er zu Lebzeiten verbrochen haben soll. (Joseph K. anyone?) Außerdem leidet er gerade an den Folgen einer Flaute, denn seine Kunden sind Nieten, denen er höchstens Spazierstöcke mit eingebautem Kompass andrehen kann. Gefrustet schaut er sich heimlich die Daten eines Auftrags für seinen Kollegen Domino an, dem er dann auch beim Abholvorgang zuvorkommt. Doch irgendetwas stimmt nicht: Es gibt für die aufs Blut fromme Meche kein Nummer-9-Ticket! Während er sich bei seinem Boss eine Abfuhr holt, macht sie sich auf den langen, ungemütlichen Marsch. Manny weiß von nun an nur eines: Er muss sie finden. Einerseits, um seine Arbeit zu behalten und seine Schuld abarbeiten zu können, andererseits hat er sich auch in sie verliebt. Für seinen beruflichen Fehltritt bekommt er zunächst Arrest. Von außerhalb der Zelle wird er von Che Gueva... von Salvador Limones angesprochen, der sich als Freiheitskämpfer erweist und das organisierte Verbrechen hinter der DOD durchschaut hat. Eine Hand wäscht die andere, nachdem Manny einige Aufgaben für Salvadors Untergrundorganistion ZVS (Zentralkomitée Verlorener Seelen) erledigt hat, wird er von ihm aus der Stadt gebracht. Zusammen mit Glottis, seinem neuen Fahrer, trifft er in die Hafenstadt Rubacava ein, um auf Meche zu warten. Ein Jahr später ist Manny Betreiber eines erfolgreichen Casinos. Eines Tages trifft unerwartet das Schiff mit Meche ein und ist schon wieder weg, bevor Manny die Möglichkeit hatte, ein angemessenes Gespräch mit ihr zu führen. Er lässt alles stehen und liegen, um ihr nachzusegeln. Im nächsten ein Jahr ist Manny Kapitän des Schiffes und Glottis sein erster Maat. Eines Tages findet Manny seine komplette Besatzung tot im Schiff auf, ersprossen. (Eine Abwandlung von "erschossen" in Grim Fandango: Anstatt Blut bei den angeschossenen Personen werden Blumen dargestellt, die aus der Leiche wachsen.) Glottis rettet Manny knapp vor den Jägern des DOD, die ihr Anführer Hector LeMans geschickt hat. Die beiden können sich absetzen und tauchen ab, im wahrsten Sinne des Wortes: Sie fahren mit einem U-Boot zum Ende der Welt, wo Meche inzwischen von Domino festgehalten wird. Was Handlung und Atmosphäre angeht, lässt sich Grim Fandango am besten als "ganz großes Kino" einstufen. Die wohldurchdacht-groteske Welt, in der sich die Handlung abspielt, ist inspiriert von Kafka, Film Noir und dem aztekischen Totenkult. Wunderbar ist vor allem auch der Soundtrack, für den Peter McConnells Vielseitigkeit tragendes Element ist. Während beispielsweise im ersten Jahr beim mexikanischen Stadtfest sympathische Zigeuner-Musik entspannend auf uns wirkt, erwartet uns in Rubacava das genaue Gegenteil. Jede Ecke hat der nächtlichen Stadt hat eine eigene, wunderbare Jazzmelodie im Hintergrund, die die Atmosphäre und Spannung des Standortes unbeschreiblich realistisch rüberbringt. In der deutschen Version sind die Sprecher passend gewählt, ihr werdet die Stimme hinter Manny unter anderem als Alf kennen, es handelt sich um Thomy Piper. Die Charaktere sprechen mit Latino-Akzent um die mexikanische Stimmung zu verstärken. Auch die Grafik kann sich mehr als nur sehen lassen. Es werden vorgerenderte 3D-Hintergründe benutzt, trotzdem herrscht Bewegungsfreiheit, da die Charaktere dreidimensional animiert sind. Leider wird der Spielspaß etwas durch die irritierende Steuerung getrübt. Man kann zwischen der Kontrolle des Charakters aus dessen Sicht und Kontrolle nach "Kamera-Ansicht" wählen. Folgendes Szenario: Ich komme mit Manny aus einem Aufzug. Er dreht sich von alleine um und schaut den Aufzug an. Ich merke das nicht und will vorwärts gehen, deswegen geht Manny zurück in den Aufzug und wird dürfen hoch- und wieder herunterfahren, zweimal umsonst Raumdaten laden. Übrigens empfehle ich euch, das Spiel nicht mit 32 MB RAM zu spielen. Bei mir hat es furchtbar geruckelt, die Investition in eine Erweiterung hat sich aber durchaus gelohnt. Zwei besondere Features noch: Alle Dialoge während des Spiels werden individuell als HTML-Datei gespeichert, außerdem sind die galaktischen Zwischensequenzen aus dem Menü abrufbar. Fazit: Grim Fandango ist ein wunderbares Spiel mit fantastischem Ambiente, das allenfalls unter umständlicher Steuerung leidet.
Manny: "Sieht aus wie eine Warnung:Ich kann mir doch keinen alten, gruseligen Schlüssel entgehen lassen!" Das Gedicht hört sich verdächtig nach Monkey Island 2 an, wo wir uns in LeChucks Festung den Schlüssel schnappen, dabei gefangen werden und LeChuck ankündigt, sich aus unseren Knochen einen Schreistuhl anzufertigen. |