Die Tentakelvilla - www.tentakelvilla.de
Zusammenkopiert und ergänzt von Alex Jovanovic
Haken schlagen ist bekanntlich sehr beliebt in Hasenkreisen. Da macht auch Max keine Ausnahme, allerding dienen seine Haken nicht unbedingt der Fortbewegung - eher erinnern sie an die Handschrift von Mike Tyson. Max schlägt sie gekonnt und gern, wenn er mit seinem gleichfalls wenig zimperlichen Partner Sam in ganz Amerika unterwegs ist, um der schönen Trixi den langen Hals zu retten und fiesen Entführern das Handwerk zu legen. Bestimmen sie die Reiseroute der zwei, wenn es darum geht, zwischen Florida, San Francisco und South Dakota den Entführungsfall zu lösen und das Geheimnis der Yetis zu lüften. Sam ist ein Detektiv der besonderen Art, der gegen die Bezeichnung "Schnüffler" wohl kaum etwas einzuwenden hätte, schließlich ist er unübersehbar ein Hund. Sein Outfit beweist, dass Sam in der Tradition der ganz großen Detektive im Stil von Philip Marlowe steht. Das Schlappohr im zerknautschten Anzug ist auch die Figur, die vom Spieler direkt gesteuert wird. Max, seine wichtigste Waffe, folgt ihm dabei auf Schritt und Tritt, auch wenn sich die beiden mal nicht hundertprozentig einig sind. Sams feine Nase und Max' schlagkräftige Argumente werden benötigt, um Bigfoot Bruno und Trixi, die Dame mit dem Giraffenhals, wiederzufinden. Mit diesem Auftrag startet das tierische Detektivduo in ein aberwitziges Abenteuer, das in mancherlei Hinsicht vom üblichen Adventure-Schema abweicht. So sind die beiden Hauptfiguren nicht dem Hirn eines Programmierers entsprungen, sondern der Phantasie des Comicautors Steve Purcell, (der übrigens als Hintergrundzeichner bei LucasArts in Lohn und Brot stand,) und diese Herkunft trägt einiges zu der besonderen Qualität des Spiels bei - durch Zeichnungen und Animationen, die auch Comicliebhaber begeistern, durch eine schlüssige und logische Handlung, vor allem aber durch phantasievolle Schauplätze und witzige Dialoge. Wie gut auch die Übersetzer gearbeitet haben, offenbart sich in seiner ganzen Pracht erst in der deutschen CD-ROM-Version, bei der sämtliche Dialoge und Kommentare gesprochen werden - Soundkarte vorausgesetzt. Es lohnt sich mitzudenken, um keine der Anspielungen zu verpassen, und manchmal ist es sogar die Mühe wert, einen Satz ins Englische zurück zu übersetzen, um die Pointe eines Spruchs zu entdecken. Allein die Aussicht auf weitere sarkastische Kommentare von Hund und Hase hält den Spieler vor den Monitor (übrigens stammt Max' Stimme von der deutschen Synchronsprecherin Sandra Schwittau, die ihr vielleicht schon als Bart Simpson oder Johanna von Orleans kennt), was nicht heißt, das knifflige Rätsel und Actioneinlagen zu kurz kämen. Im Gegenteil: wer meint, er habe genug gerätselt, darf sich zur Entspannung an nicht weniger als sechs Spielen im Spiel versuchen. Beim Bratz-das-Vieh™ muss Sam mindestens zwanzig vorwitzigen Nagern zeigen, wo der Hammer hängt; beim "Gator Golf" muss Max mittels Fischen, Alligatoren und eines Golfschlägers befreit werden; beim "Highway Surfen" dürfen sie mal richtig Gas geben... Im eigentlichen Spiel gilt es, wie in jedem Adventure, möglichst viele Gespräche zu führen, möglichst alle Wege zu gehen und möglichst viele Gegenstände mitzunehmen; wie alle LucasArts-Adventures ist auch Sam & Max frei von Gemeinheiten - jedenfalls ihnen gegenüber, austeilen dürfen Sie. Weder lauern unerwartete Todesursachen hinter Ecken und Türen. Noch führt eine falsche Antwort in eine Sackgasse. Die Rätsel sind nicht einfach, nach einigem Nachdenken aber (fast) immer zu lösen. Wenn es mal gar nicht weitergeht, hilft immer noch der Surf zur Suchmaschine. Aber Vorsicht: wer zu früh nachschlägt, lässt sich unter Umständen unzählige Gags und Anspielungen entgehen, die sich manchmal erst bei hartnäckiger Suche nach dem fehlenden Gegenstand oder der fehlenden Information offenbahren. In Sam & Max wimmelt es wirklich nur so von Anspielungen und Zitaten aus der Welt der Unterhaltung. Besonders reichlich, aber nicht ausschließlich, sind Produkte der Film und Softwareschmiede von LucasArts vertreten. Nebenher gint es sogar ein bisschen etwas zu lernen, denn die Geschehnisse haben fast alle einen gewissen Zusammenhang mit der realen amerikanischen Geographie. Ist das nicht Alfred Hitchkock, wird man denken, wenn man am Gemüsemuseum ankommt und dort ein rieseiges Etwas (vielleicht ein Kürbis) in Kopfform des berühmten Filmregisseurs sieht. Jawohl, ist er. Der englische Name dieses Ortes lässt sich übrigens - frei übersetzt - als "Museum für berühmte Geisteskranke" interpretieren. Hitchkock ist übrigens nicht der einzige Filmregisseur, der in Sam & Max verewigt wurde: Im Club der Bigfoots sagt die gealterte Actrice Evelyn Morrison im Gespräch mit Sam: "Ich bin fertig für die Nahaufnahmen, Mr. Corman." Roger Corman wurde seit den 60er Jahren durch B-Movies hauptsächlich des Horror-Genres bekannt, die offenbar auch Steve Purcell nachhaltig beeindruckt haben. Auch Guybrush Threepwood selbst wird zitiert, aber Conroy Bumpus fällt auf das alte "Hinter dir, ein driköpfiger Affe" leider nicht herein. Apropos Conroy Bumpus, in dessen Domizil wimmelt es geradezu von Anspielungen. Da putzt ein "Spielbergscher Roboter", Rebellenprinzessin Leia fordert die Hilfe der Freelance Police an, und ein Yeti wird als "riesiger Fellhaufen" bezeichnet, was sonst das Star-Wars-Privileg von Chewbacca dem Wookie ist. Den bedeutungsschweren Satz "Es ist, als ob unzählige Stimmen in Pein aufschreien und mit einem Mal völlig verstummen", spricht im Spiel Shuv'Ool, der Maulwurfmann, eigentlich ist er aber Obi-Wans Reaktion auf die Zerstörung des Planeten Alderan. Bumpus' Leibwächter Lee-Harvey fehlt nur noch ein "Oswald" als Nachname, um ihn zum Mörder von John F. Kennedy zu machen, und wenn Bumpus nicht den King persönlich darstellt, dann stimmt die Welt nicht mehr. Sein Haus ist eine Kopie von Elvis' Villa Graceland in Mephis, Bumpusville ist auf der Karte exakt in Tennessee eingezeichnet, und seine Initialen CB, die auf dem Bus vor der Tür prangen, erinnern stark an Presleys Motto "TCB, Taking Care of Business", das selbst auf Elvis' Grabstein nicht fehlt. Auch der russische Physiologe un Nobelpreisträger Pawlow (1849 - 1936), der durch seine Reflexversuche mit Hunden bekannt wurde, findet in Bumpusville Erwähnung - kein Wunder, dass Max Sams Bemerkung, der Leibwächter verhalte sich "pawlowianisch", mit einem "Das musst du gerade sagen" kommentiert. Kehren wir noch einmal zu den berühmten Geisteskranken zurück. Zwischen anderem Gemüse finden sich auch ein paar "Pilzköpfe". Wer das wohl sein mag? Einen Hinweis liefert der Satz der verkäuferin "Gib Erbsen eine Chance", allerdings nur im englischen Orginal (=> "Give peas a chance", ausgesprochen wie "Give peace a chance"). Noch was Musikalisches: Bei Shuv'Ool fragt Sam "1, 2, 3" worauf der Mauwurf im Laufrad im englischen Orginal antwortet "What are we fighting for?", als wäre er Country Joe McDonald beim legendären Woodstock-Festival. Kreuz und quer durch die vereinigten Staaten geht die Reise. Sollte ihnen dabei ein Klavier über den Weg laufen, hauen sie in die Tasten, oder sie bekommen nie zu hören, wie Max das berühmte Bogart-Zitat aus Casablanca verunglimpft (Don't play it again, Sam!). Sehenswürdigkeiten näher zu betrachten, lohnt sich bei jeder Gelegenheit. Diese sind dankenswerterweise auch alle korrekt auf der Karte plaziert. Eine der größten Saurierfundstätten der Welt liegt tatsächlich in South Dakota, und dort sind auch am Mount Rushmore vier Präsidenten in den Fels gehauen. Vulkane und riesige Magneten unter der Erdkruste gehören an die Westküste, auch wenn das mit den Magneten natürlich gegingfügig anders zu verstehen ist. Alligatoren in Florida, Merkwürdigkeiten im Niemalsland des mittleren Westens, Country- und Rockstars in Tennessee und Fischerei am nicht eingezeichneten Mississippi - ergibt alles einen gewissen Sinn im Unsinn. Genießen sie also Land und Leute. Auch wenn das soziale Verhalten der zwei haarigen Freunde manchmal das Gegenteil nahelegen mag: Sam und Max sind keine Einzelkinder! Alls Teil der hoch angesehenen LucasArts-Familie haben sie eine weitläufige Verwandschaft, die von ausserirdischen Saugnäpfen bis hin zu verblichenen Piratenkapitänen reicht. Da bleiben Familientreffen und gegenseitige Besuche natürlich nicht aus. Wo sollen sich Computerspielhelden wohl treffen? Genau, in Computerspielen. Besonders Sam und Max scheinen sehr an dieser Sippschaft zu hängen, denn sie werden immer wieder bei ihren Ausflügen beobachtet. Eine kleine und vermutlich unvollständige Liste zählt folgende Erscheinungen in anderen LucasArts-Spielen auf:
Desweiteren finden sie auf der CD-ROM noch vier Audio-Tracks zum Spiel. Technisch ist Sam & Max ein Adventure auf hohem Niveau; inhaltlich ist es das witzigste, was seit dem Tag des Tentakels, b.z.w. der Affen-Insel-Trilogie die Bildschirme bevölkert hat. Also nicht lange gezögert: Sam & Max - Hit The Road Unbedingt kaufen!
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